Auslegung und Bibliographie zur Bibel


Apostelgeschichte (15,36 - 18,22)

Apg 17,10-15

Studieren Sie die Bibel! Hier finden Sie einen Einstieg in die wissenschaftliche Auslegung von Bibeltexten mit Literaturangaben.

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Jede Seite enthält eine Übersetzung des jeweiligen Bibeltextes, sowie Beobachtungen (Vorbereitung der Auslegung), Hinweise zu weiterführender Literatur und eine abschließende Literaturübersicht.

Apg 17,10-15

 

 

Übersetzung

 

Apg 17,10-15:10 Die Brüder aber schickten sofort bei Nacht (den) Paulus und (den) Silas nach Beröa weiter. Als sie [dort] ankamen, begaben sie sich in die Synagoge der Juden. 11 Diese aber waren edler gesinnt als die in Thessalonich. Sie nahmen das Wort mit aller Bereitwilligkeit an und forschten täglich in den Schriften, ob es sich so verhielte. 12 So kamen viele von ihnen zum Glauben und ebenso nicht wenige von den angesehenen griechischen Frauen und Männern. 13 Als aber die Juden von Thessalonich erfuhren, dass auch in Beröa von (dem) Paulus das Wort (des) Gottes verkündigt wurde, kamen sie auch dorthin, um die Leute zu verunsichern und aufzuhetzen. 14 Da sandten die Brüder sogleich (den) Paulus fort, damit er bis ans Meer gehe. (Der) Silas und (der) Timotheus blieben dort aber zurück. 15 Die aber (den) Paulus geleiteten, brachten [ihn] bis nach Athen. Und mit [dem] Auftrag an (den) Silas und (den) Timotheus, sobald wie möglich zu ihm zu kommen, reisten sie wieder ab.

 

 

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V. 10

 

Beobachtungen: "Brüder“ meint hier nicht "leibliche Brüder“, sondern Glaubensbrüder, nämlich Christen. Dabei sind wohl die Glaubensschwestern eingeschlossen, die jedoch von der männerzentrierten Sprache, die gemischtgeschlechtliche Gruppen als reine Männergruppen erscheinen lässt, unterschlagen werden.

 

Dass Paulus und Silas von den "Brüdern“ von Thessalonich nach Beröa weitergeschickt wurden, war eine Reaktion auf die Verfolgung der beiden Missionare seitens der Thessalonicher Juden. Diese waren aufgrund des Missionserfolgs der beiden Missionare eifersüchtig (vgl. Apg 17,5-9). Fraglich ist, warum die Juden Paulus und Silas nicht in dem Haus des Jason, den sie für deren Gastgeber hielten, finden konnten. Eine Möglichkeit ist, dass sich Paulus und Silas bei anderen "Brüdern“ in Thessalonich in Sicherheit gebracht hatten oder in Sicherheit gebracht worden waren. Dann hätten diejenigen, die ihnen Schutz geboten hatten, eine weitere Verschlechterung der Lage und eine zunehmende Gefahr der Entdeckung der beiden Missionare nicht in Kauf nehmen wollen. Überhaupt war ein weiterer Verbleib der beiden Missionare in Thessalonich nicht mehr sinnvoll, weil sie aufgrund der Kaution, die Jason und einige der "Brüder“ bei den Stadtobersten (Politarchen) als Voraussetzung für ihre Freilassung hinterlegen mussten, das Evangelium nicht mehr verkündigen konnten. Die Verkündigung wäre nämlich als erneute Störung der öffentlichen Ordnung und als erneuter Affront gegenüber dem Kaiser aufgefasst worden und als Strafe seitens der Stadtobersten mindestens die Kaution einbehalten worden.

 

Die Tatsache, dass Paulus und Silas sofort weitergeschickt wurden, lässt annehmen, dass dies in der auf die der Freilassung des Jason und einiger weiterer "Brüder“ vor dem "Volk“ und den Stadtobersten folgende Nacht geschah. Allerdings kann man "sofort“ auch weiter fassen und das Fortschicken eine Nacht oder mehrere Nächte später datieren.

 

Beröa, die heutige Stadt Veria, lag rund 60 Kilometer südwestlich von Thessalonich im dritten Bezirk der römischen Provinz Makedonien. Die Stadt lag weit von der Via Egnatia, auf der Paulus und Silas von Neapolis an gereist waren, entfernt, so dass sich die Frage stellt, ob sie auf der geplanten Reiseroute lag. Wollten Paulus und Silas auf der Via Egnatia weiter nach Westen, vielleicht mit Ziel Rom reisen, dann lag die Stadt nicht auf ihrer Route. Hatten sie jedoch vor, weiter nach Mittel- und Südgriechenland zu reisen, dann passte Beröa zum geplanten Reiseweg.

 

Dass sich Paulus und Silas direkt nach der Ankunft in Beröa in die dortige Synagoge der Juden begaben, entsprach deren Gewohnheit (vgl. 17,2). In der Synagoge begannen die Missionare gewöhnlich ihre Mission, weil sie selbst den Juden nahe standen und wohl auch als solche angesehen wurden, nämlich als Juden, die Jesus als verheißenen Messias (= Christus = Gesalbten) ansahen. Insofern hatten sie zur Synagoge Zutritt und konnten zur dort versammelten jüdischen Gemeinde reden und die biblischen Schriften auslegen. Die Juden wie auch die dem Judentum nahestehenden Personen waren somit vorrangige Zielgruppe der Predigt.

 

Weiterführende Literatur: Mit den verschiedenen Ereignissen während des Aufenthaltes des Paulus in Thessalonich befasst sich H. W. Tajra 1985, 233-244.

 

Eine sozio-politische Analyse von Apg 17,1-10 bietet N. O. Míguez 1988, 183-206. Obwohl die historische Zuverlässigkeit der Apg nicht über alle Zweifel erhoben sei, lasse sie doch Einblicke in das sozio-politische Umfeld der Christen des 1. Jh.s zu. N. O. Míguez zieht bei seiner Analyse verschiedene exegetische Methoden heran, in besonderem Maße Elemente der strukturellen Analyse.

 

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V. 11

 

Beobachtungen: Der Komparativ "eugenesteroi“ kann "von edlerer Abstammung“ oder "von edlerer Gesinnung“ bedeuten. Da in V. 11 nur die Einstellung der Juden gegenüber dem verkündigten Wort Gottes thematisiert wird, dürfte hier die Bedeutung "von edlerer Gesinnung“ sein. Die Juden in Beröa waren aus Sicht des Verfassers der Apg deshalb edler als die Juden in Thessalonich gesinnt, weil sie dem Wort Gottes gegenüber offener waren.

 

"Das Wort“ meint sicherlich kein einzelnes Wort, das immer wiederholt wurde, sondern mehrere Worte, eine Rede. Dabei dürfte es sich um das "Wort (des) Gottes“ gehandelt haben, wie eine Textvariante klarstellt. "Wort (des) Gottes“ ist ein anderer Ausdruck für "Evangelium“. Die Formulierung "das Wort reden“ dürfte also im Sinne von "das Evangelium verkündigen“ zu verstehen sein.

 

Die Annahme des "Wortes“ ist nicht mit der Annahme des christlichen Glaubens zu verwechseln. Die Annahme des "Wortes“ stellte nur die Offenheit der Juden dar, das gepredigte Evangelium in den "Schriften“ auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen. Stellte sich das Evangelium als schriftgemäß heraus, dann führte dies zur Annahme des christlichen Glaubens. Stellte sich dagegen heraus, dass das Evangelium nicht den "Schriften“ entsprach, dann war nicht mit der Annahme des christlichen Glaubens seitens der Juden zu rechnen.

 

Die "Schriften“ ("graphai“) wurden in der Synagoge studiert. Daraus ist zu folgern, dass es sich um die heiligen Schriften der Bibel handelte. Da zum Zeitpunkt der geschilderten Geschehnisse die neutestamentlichen Schriften noch nicht existierten, können nur die Schriften des AT, die als hebräische Bibel die Glaubensgrundlage der Juden und Christen bildeten, gemeint sein.

 

Weiterführende Literatur:

 

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V. 12

 

Beobachtungen: Das Evangelium wurde von vielen - wenn auch nicht allen - Juden in Beröa als schriftgemäß anerkannt, was sich darin zeigte, dass sie den christlichen Glauben annahmen. Damit blieben sie zwar Juden, wurden jedoch solche, die Jesus als verheißenen Messias (= Christus = Gesalbten) anerkannten.

Gemäß dem Codex Bezae Cantabrigiensis fiel der Missionserfolg bei den Juden in Beröa eher durchwachsen aus: Demnach kamen nicht "viele“ zum Glauben, sondern nur "einige“.

 

Wie schon in Thessalonich (vgl. 17,4) spielten bei der Gründung der Gemeinde in Beröa angesehene bzw. vornehme Frauen eine große Rolle. Erneut stellt sich die Frage, ob der Verfasser der Apg einen Kontrast zwischen der sozialen Struktur der christlichen Gemeinde und derjenigen ihrer Verfolger, zu denen zumindest in Thessalonich der Pöbel gehörte, herausstellen will.

Die angesehenen Frauen und Männer waren keine Juden, sondern Griechen. Daraus ist zu schließen, dass sie Heiden waren. Doch wie konnten Paulus und Silas in der Synagoge Heiden zu Jesus Christus bekehren, wenn doch die Juden gewöhnlich Heiden mieden und die Heiden mit dem jüdischen Glauben nichts zu schaffen hatten? Am ehesten lässt sich der Aufenthalt der angesehenen griechischen Frauen und Männer in der Synagoge damit erklären, dass sie Gottesfürchtige waren, also dem Judentum nahe standen, ohne (wie Proselyten) zum Judentum übergetreten zu sein. Also solche werden sie zur Synagoge Zutritt gehabt haben.

Die ursprüngliche Fassung des Codex Bezae Cantabrigiensis beseitigt die prominente Stellung der Frauen, indem sie formuliert: "Von den Griechen und Angesehenen kam eine große Zahl Männer und Frauen zum Glauben.“ Auch wird zwischen den Griechen und den Angesehenen unterschieden.

 

Weiterführende Literatur: Zu Apg 17,4-10 gemäß der Textfassung des Codex Bezae Cantabrigiensis siehe É. Delebecque 1982, 605-615.

M. W. Holmes 2003, 191-192 fragt nach dem Grund für die Textänderung des Codex Bezae Cantabrigiensis in V. 12, die die prominente Stellung der Frauen beseitigt. Ist eine Marginalisierung der Rolle der Frauen in der Bibel beabsichtigt oder handelt es sich nur um eine sprachliche Glättung mit dem Ziel eines besseren Sprachstils?

 

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V. 13

 

Beobachtungen: Das Verb "saleuô“ bedeutend zunächst einmal "schwankend machen“, dann aber auch "beunruhigen/verunsichern“ oder "erregen“. Im Hinblick auf V. 13 ist also vermutlich gemeint, dass die Einwohner von Beröa, die zum Glauben gekommen waren, bezüglich ihres Glaubens nun wieder unsicher (schwankend) wurden. Das brachte Unruhe mit sich. Je stärker die Menschen das Gefühl bekamen, von Paulus und Silas hinsichtlich der Lehre betrogen worden zu sein, desto mehr erregten sie sich und wendeten sich gegen die beiden.

 

Das Verb "tarassô“ bedeutet "verwirren“, beunruhigen“ oder "aufwiegeln/aufhetzen“. Es betont also vermutlich noch stärker das Stiften von Unruhe und das Aufhetzen. Das Schwergewicht der Aussage verlagert sich vom Glaubensabfall hin zur Erregung gegenüber den beiden Missionaren.

 

Dass die Leute in Beröa nicht von den ortsansässigen Juden verunsichert und aufgehetzt wurden, lässt sich damit erklären, dass diese dem Wort Gottes mehrheitlich offen gegenüber standen. Die Minderheit der Verschlossenen wird kaum den Mut und die Möglichkeiten gehabt haben, gegen die Mehrheit der jüdischen Gemeinde zu handeln. Da den Juden in Beröa möglicherweise bekannt war, dass es in Thessalonich einen Aufstand gegen die christlichen Missionare gegeben hatte, ist es wahrscheinlich, dass sie die Juden in Thessalonich darüber informierten, dass die christlichen Missionare nun in Beröa wirkten. Da die Juden in Thessalonich mehrheitlich den Glauben an Jesus Christus abgelehnt hatten und dies auch tatkräftig kundgetan hatten, werden sie das Selbstbewusstsein gehabt haben, die wenigen gleichgesinnten Juden in Beröa zu unterstützen und die Mehrheitsverhältnisse in der dortigen Gemeinde wieder zurechtzubiegen.

 

Weiterführende Literatur:

 

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V. 14

 

Beobachtungen: Die Entsendung des Paulus vom im Binnenland gelegenen Beröa ans Meer ist als Reaktion auf die deutliche Verschlechterung der Lage in Beröa zu verstehen. Aus dem Text geht allerdings nicht hervor, warum Paulus gerade ans Meer gesandt wurde. Zunächst liegt der Gedanke nahe, dass Paulus von dort mit dem Schiff weiterreisen sollte. Allerdings ist weder von einem Hafen oder einer Hafenstadt noch von einem Schiff die Rede. Am ehesten wäre anzunehmen, dass Paulus zur Hafenstadt Methone oder Pydna gesandt wurde, von wo aus er mit dem Schiff weiterreisen konnte. Allerdings ist auch möglich, dass sich Paulus an einer einsamen Stelle am Meer versteckte und auf die Beruhigung der Lage auf dem Festland um Beröa herum wartete, in der Hoffnung auf eine gefahrlosere Weiterreise über das Festland. Ebenfalls kann es sein, dass die "Brüder“ eine falsche Fährte zu legten: So sollten die Juden glauben, Paulus sei zu einem Hafen gegangen und habe die Gegend von Beröa mit dem Schiff verlassen. Tatsächlich setzte Paulus seine Reise jedoch auf dem Landweg fort, was sich aufgrund der falschen Annahme der Juden gefahrlos gestaltete. Die Annahme einer solchen Verwirrung der Verfolger liegt der Textvariante u. a. des Mehrheitstextes zugrunde, die "hôs“ ("wie“) statt "heôs“ ("bis“) und somit "…damit er wie (= scheinbar) ans Meer geht“ liest.

 

Paulus' Mitarbeiter Timotheus taucht völlig unvermittelt wieder auf, nachdem von 16,1-3 nichts mehr von ihm zu hören war. Hat er die ganze Zeit Paulus und Silas begleitet, ohne dass er erwähnt wurde? Das würde die Frage nach dem Grund der fehlenden Nennung eines solch wichtigen Mitarbeiters aufwerfen. Oder ist Timotheus von Lystra aus nicht mit Paulus und Silas mitgezogen, obwohl dies Paulus gewünscht hatte? Oder hat Timotheus Paulus und Silas unterwegs wieder verlassen, ohne dass der Verfasser der Apg darüber ein Wort verliert? In Beröa muss Timotheus gemäß 17,14 auf jeden Fall (wieder?) bei Paulus und Silas gewesen sein.

 

Warum Silas und Timotheus in Beröa zurückblieben, bleibt offen. Sollten sie dort weiter missionarisch tätig sein oder die junge, gefährdete christliche Gemeinde festigen? Oder sollten sie Dinge erledigen, die Paulus wegen seiner eiligen Abreise nicht mehr erledigen konnte?

 

Weiterführende Literatur: A. Meers 1993, 201-206 befasst sich mit zwei Fragen: Wie reiste Paulus von Beröa nach Athen? Wie war der weitere Reiseverlauf von Silas und Timotheus? A. Meers gibt einen Überblick über die von den verschiedenen Bibelausgaben gebotenen Übersetzungen und Textvarianten. Er hält die Variante des westlichen Textes für ursprünglich, die "epi tên thalassan“ ("zum Meer“) bietet. Die "Brüder“ hätten also Paulus zum Meer gesandt, was so zu verstehen sei, dass Paulus (zusammen mit makedonischen Christen) auf der Straße flüchtete, die ein Stück Richtung Thessalonich und dann zur Meeresküste und weiter nach Athen führte. Silas und Timotheus dagegen seien "dort“ geblieben, wobei "dort“ im Sinne von "in Makedonien“ zu verstehen sei. Silas sei nach Philippi geflüchtet, wo er Timotheus und Lukas, die dort geblieben seien, über das geänderte Reisevorhaben des Paulus informiert und sich mit ihnen um die junge Gemeinde gekümmert habe. Von Athen aus seien Gesandte nach Philippi gereist (vgl. Apg 17,15). Aus 1 Thess 3,1 sei zu erschließen, dass daraufhin Silas und Timotheus − vermutlich mit dem Schiff − nach Athen reisten. Dann hätten sich, wie aus 1 Thess 3,2 und Apg 18,5 zu erschließen sei, Silas und Timotheus nach Thessalonich begeben. Timotheus sei dort geblieben, wogegen Silas sofort nach Philippi weitergereist sei. Paulus habe sich von Athen nach Korinth begeben (vgl. Apg 18,1-4). Silas sei nach Thessalonich zurückgekehrt, habe Timotheus aufgesucht und sei mit diesem zu Paulus nach Korinth gekommen (vgl. Apg 18,5). Schließlich habe vermutlich Timotheus auf seinem Rückweg nach Thessalonich den "Ersten Brief des Paulus an die Thessalonicher“ mitgenommen.

 

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V. 15

 

Beobachtungen: Paulus musste trotz des Zurückbleibens von Silas und Timotheus nicht allein Beröa verlassen, sondern er wurde begleitet. Dabei reisten die Begleiter mit ihm bis zum Zielort, bis nach Athen. Es ist wahrscheinlich, dass die Begleiter auf dem Wege eine Schutzfunkton innehatten. Immerhin war Paulus nun wiederholt aus einer Stadt vertrieben worden. Auch war das Reisen in der Antike aufgrund von Räubern und wilden Tieren nicht ungefährlich. Möglich ist neben der Schutzfunktion auch, dass auf dem Wege noch wichtige Dinge zu besprechen waren.

 

Von einer Weiterreise auf dem Landweg geht der Codex Bezae Cantabrigiensis aus, der folgende Ergänzung bietet: "Er durchzog aber Thessalien. Er wurde nämlich gehindert, ihnen das Wort zu verkündigen.“ Die Ergänzung erklärt, warum Paulus Thessalien durchzog, ohne dort zu predigen.

Thessalien war die Region, die sich im Süden an Makedonien anschloss. Durch diese Region musste ziehen, wer auf dem Landwege nach Athen gelangen wollte.

 

Dass Silas und Timotheus Paulus nicht nach Athen begleiten konnten und auch eine gewisse Zeit nach der Ankunft des Paulus in Athen diesem nicht nachfolgen konnten, zeigt, dass Silas und Timotheus wegen zwingender Gründe zunächst in Beröa bleiben mussten. Es war ihnen vorerst nicht möglich, zu Paulus nach Athen zu reisen. Dass Silas und Timotheus in Beröa bleiben konnten, zeigt, dass die Erregung der aufgehetzten Juden nicht in erster Linie ihnen, sondern Paulus galt. Paulus erscheint als Anführer der Missionarsgruppe.

 

Gemäß Apg 18,5 kamen Silas und Timotheus erst zu Paulus, als dieser schon nach Korinth weitergereist war. Dazu steht 1 Thess 3,1-5 jedoch in Spannung, wonach Paulus den Timotheus von Athen aus nach Thessalonich gesandt hat. Demnach muss Timotheus schon zu Paulus gestoßen sein, als dieser noch in Athen verweilte. Auch Silas (= Silvanus) dürfte vermutlich schon in Athen zu Paulus gestoßen sein, denn er ist wahrscheinlich − sicher ist dies nicht (vgl. Beobachtungen zu 1 Thess 3,1) - bei der Entsendung des Timotheus dort mit Paulus zurückgeblieben. Der Widerspruch lässt sich nur ausräumen, wenn man davon ausgeht, dass der Verfasser der Apg verschweigt, dass Timotheus schon zu Paulus gereist war, als dieser noch in Athen verweilte, jedoch nochmal nach Makedonien zurückkehrte und von dort aus dann (Apg 18,5 entsprechend) nach Korinth reiste. Hält man diese Annahme für unwahrscheinlich und geht davon aus, dass tatsächlich ein Widerspruch zwischen 1 Thess 3,1-5 und Apg 18,5 vorliegt, dann ist der Schilderung des Paulus in 1 Thess 3,1-5 der Vorzug zu geben. Als Hauptperson des Geschehens muss er es am besten gewusst haben. Für eine bewusste Verfälschung der Tatsachen besteht an dieser Stelle kein Anlass. Höchstens kann Paulus die Begebenheiten falsch in Erinnerung haben, allerdings ist dies angesichts der sicheren und durchaus auch detaillierten Schilderung noch nicht allzu lange zurückliegender Ereignisse nicht wahrscheinlich.

 

Weiterführende Literatur:

 

 

Literaturübersicht

 

Delebecque, Édouard; Paul à Thessalonique et à Bérée selon le texte occidental des Actes (XVII,4-15), RThom 82/4 (1982), 605-615

Holmes, Michael W.; Women and the “Western” Text of Acts, in: T. Nicklas et al. [eds.], The Book of Acts as Church History: text, textual traditions and ancient interpretations (BZNW 120), Berlin 2003, 183-203

Meers, Alan; Who Went Where and How? A consideration of Acts 17.14, BiTr 44/2 (1993), 201-206

Míguez, Néstor O.; Lectura socio-política de Hechos 17,1-10, RBíb 50/2-3 (N. E. 30/31) (1988), 183-206

Tajra, Harry William; Saint Paul à Thessalonique, PosLuth 33/3 (1985), 233-244

 

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