Auslegung und Bibliographie zur Bibel


Erster Korintherbrief

Der erste Brief des Paulus an die Korinther

1 Kor 4,1-5

Studieren Sie die Bibel! Hier finden Sie einen Einstieg in die wissenschaftliche Auslegung von Bibeltexten mit Literaturangaben.

Wenn Sie diese Bibliographie zum ersten Mal nutzen, lesen Sie bitte die Hinweise zum Gebrauch.

Jede Seite enthält eine Übersetzung des jeweiligen Bibeltextes, sowie Beobachtungen (Vorbereitung der Auslegung), Hinweise zu weiterführender Literatur und eine abschließende Literaturübersicht.

1 Kor 4,1-5

 

 

Übersetzung

 

1 Kor 4,1-5: 1 So soll man uns ansehen: Als Diener Christi und Verwalter von Gottes Geheimnissen. 2 Dabei verlangt man nun von den Verwaltern, dass einer für treu befunden wird. 3 Mir ist es aber völlig gleichgültig, ob ich von euch oder einem menschlichen [Gerichts-]tag beurteilt werde; ich beurteile mich ja nicht einmal selbst. 4 Ich bin mir keines [Vorwurfs] bewusst, aber damit bin ich nicht gerechtfertigt - der mich beurteilt, das ist vielmehr der Herr. 5 Darum urteilt nicht vor der Zeit über etwas, bis der Herr kommt, der auch das in Finsternis Verborgene ans Licht bringen und die Pläne der Herzen offenbar machen wird. Und dann wird einem jeden (das) Lob von (dem) Gott zuteil werden.

 

 

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V. 1

 

Beobachtungen: Nun geht Paulus darauf ein, wie er und die anderen Missionare von den Menschen - insbesondere auch den korinthischen Gemeindegliedern - angesehen werden sollten: als Diener Christi und Verwalter von Gottes Geheimnissen. Bei dem "Diener“, dem "hypêretês, handelt es sich um einen Gehilfen, einen Bediensteten, der in untergeordneter Position einem Höherstehenden oder Vorgesetzten zur Hand geht und in dessen Auftrag Anweisungen ausführt. Dabei handelt es sich um einen Dienst, der mit einer besonderen Würde verbunden ist. Der Aspekt der Würde fehlt anderen Begriffen - wie "diakonos“ und "doulos“ -, die den "Diener“ bzw. "Knecht“ bezeichnen.

Auch "(Haus-)Verwalter“ ("oikonomos“) ist ein Dienstberuf, der im staatlichen, kultischen und privaten Bereich vorkommt und dem zugleich Würde, Kompetenz und Pflicht zur Rechenschaftsablegung eigen sind.

 

Paulus verwaltet Gottes Geheimnisse, wobei nicht klar ist, was er unter "verwalten“ versteht. Meint er die Tätigkeit des Verkündigens?

 

Weiterführende Literatur: M. Bünker 1984, 57-58 befasst sich mit 4,1-13 als "refutatio“.

 

X. Léon-Dufour 1980, 137-153 stellt zunächst 4,1-5 in den Zusammenhang und legt anschließend den Abschnitt aus. Das Entstehen von Parteiungen und das Streben nach menschlicher Weisheit sei miteinander verbunden. Paulus stelle dagegen das Kreuz als einzige Heilsquelle heraus. Die Stellung des Christen lasse sich wie folgt visualisieren: In der Mitte stehe das Kreuz. Es gebe ein Davor und Danach, jeweils durch einen Kreis links bzw. rechts vom Kreuz dargestellt. Das Davor sei durch die Welt, das Danach durch den Geist charakterisiert. Christen seien nun aber nicht einfach vom Kreis des Davor zum Kreis des Danach übergegangen, sondern gehörten beiden Kreisen an. Ziel sei allerdings der Übergang zum Kreis des durch den Geist geprägten Danach. Solange die Korinther jedoch am Fleischlichen hingen, seien sie dem von der Welt geprägten Davor verhaftet. Bei der eschatologischen Sammlung der Gläubigen werde das Kreuz Christi das Zentrum eines dritten Kreises, der nun die neue Existenz "in Christus“ bestimme. Mit diesem neuen Kreis ergebe sich durch Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit die paulinische Situation der Aufteilung in "Gerettete“ und "Verlorene“.

 

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V. 2

 

Beobachtungen: Paulus macht deutlich, worauf es bei dem Verwalter ankommt er soll treu, also zuverlässig sein. Dass er dies betont, lässt annehmen, dass er selbst von den korinthischen Gemeindegliedern eben nicht danach beurteilt wird, wie treu er seinen Dienst ausführt.

 

Weiterführende Literatur:

 

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V. 3

 

Beobachtungen: Paulus ist es "ein Geringstes“, d. h. völlig gleichgültig, ob er von Menschen - seien es die korinthischen Gemeindeglieder oder andere Menschen - beurteilt wird. Hintergrund der Aussage dürfte sein, dass sich Gemeindeglieder anmaßen, über Paulus ein (negatives) Urteil abzugeben. Was im Mittelpunkt der Kritik steht, bleibt offen.

Bei dem "menschlichen Tag“ handelt es sich analog zum "Tag des Herrn“ um einen Gerichtstag. Nicht der "Herr“ Jesus Christus urteilt jedoch am "menschlichen Tag“, sondern Menschen.

 

Auch eine Selbstbeurteilung des Paulus wäre ein menschliches Urteil. Daher beurteilt sich Paulus nicht einmal selbst.

 

Weiterführende Literatur: Gemäß J. S. Lamp 2000, 184, Anm. 166 ist umstritten, was mit dem "menschlichen [Gerichts-]Tag“ gemeint ist. Handelt es sich um einen unklaren Bezug auf den eschatologischen Tag des Gerichts oder ist ein korrespondierender menschlicher Schauplatz, wie er sich am deutlichsten bei der Gerichtsversammlung zeige, im Blick? J. S. Lamp plädiert für letztere Annahme.

 

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V. 4

 

Beobachtungen: Paulus ist sich im Hinblick auf seinen Dienst für Christus keines Vorwurfs bewusst. Weil er aber nur ein Mensch und sein Urteil damit völlig gleichgültig ist, ist er damit noch nicht gerechtfertigt. Das maßgebliche Urteil steht dem "Herrn“, Jesus Christus, zu, dem bzw. dessen Auftrag Paulus treu zu sein hat. Trotz der präsentischen Verbform, die hier vermutlich aufgrund der grundsätzlichen Aussage gewählt ist, dürfte an ein zukünftiges Urteil gedacht sein (vgl. V. 5).

 

Weiterführende Literatur: G. Theißen 1983, 67-74 hat die Offenbarung unbewusster Intentionen im Gericht zum Thema. Paulus besitze eine Vorstellung von einer unbewussten Dimension im Menschen. Es gebe in ihr nicht nur verdrängte unbewusste Taten, sondern auch unbewusste Pläne und Motive. Paulus erlebe das Verhältnis von Bewusstsein und Unbewusstem nicht mehr als Widerspruch, obwohl er theoretisch um einen möglichen Widerspruch wisse. Dieser mögliche Widerspruch werde forensisch definiert: Das Unbewusste sei das, was kein menschliches Gericht (auch das eigene Gewissen nicht) zutage fördern kann, sondern was erst im göttlichen Gericht offenbart wird.

 

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V. 5

 

Beobachtungen: Die Adressaten des Briefes sollen nicht vor der Zeit über etwas urteilen. Mit der Zeit ist die rechte Zeit (kairos) gemeint, die mit der Wiederkunft des "Herrn“ hereinbricht. Dieser wird nicht nur wie die Menschen nach Äußerem und offensichtlichem urteilen, sondern auch das in Finsternis Verborgene ans Licht bringen und die Pläne der Herzen offenbar machen. Der "Herr“ sieht also auch die Herzen mit ihren verborgenen Gedanken und Plänen an und zieht sie bei der Urteilsfindung mit heran.

 

Dem Urteil sieht Paulus optimistisch entgegen. Er erwähnt nur das Lob, das "einem jeden“ zuteil wird, vom Tadel spricht er nicht. Wer "ein jeder“ ist, wird nicht gesagt. Genau genommen ist "ein jeder“ Christ gemeint, denn Paulus schränkt nicht ein. Da Paulus in 4,1-5 aber nur von einem Urteil über seinen (Verkündigungs-)Dienst spricht, sind mit "ein jeder“ wohl alle Personen gemeint, die Jesus Christus verkündigend dienen. Vermutlich bezeichnet das Lob den Lohn, den die Missionare am Ende der Tage erhalten. Was das Lob für positive Folgen nach sich zieht, was er also als Lohn wert ist, bleibt offen.

 

Der "Herr“ Jesus Christus urteilt, das Lob kommt jedoch von Gott.

 

Weiterführende Literatur: W. Radl 1981, 72-76 befasst sich mit dem Urteil des kommenden Herrn. Dabei geht er zunächst auf traditionelles Gut ein und fragt dann nach der Bedeutung der Aussage. Die Formulierung "vor der Zeit“ bedeute nicht nur "vorschnell/vorzeitig“, sondern ziele auf einen bestimmten Zeitpunkt, das Kommen des "Herrn“. Der Begriff "epainos“ bezeichne hier nach dem vorliegenden Kontext nicht den endgültig rettenden Schicksalsspruch Gottes, sondern die Belohnung, die Paulus 1 Kor 3,14 für alle guten "Bauleute“ erwartet und 1 Thess 2,19-20; 2 Kor 1,14; Phil 2,16; 4,1 seinen Ruhm oder Ruhmeskranz nennt. Ein derartiges verdientes Lob stehe nicht im Widerspruch zur Gnadenhaftigkeit des Heils schlechthin.

 

 

Literaturübersicht

 

Bünker, Michael; Briefformular und rhetorische Disposition im I Korintherbrief, Göttingen 1984

Lamp, Jeffrey S.; First Corinthians 1-4 in Light of Jewish Wisdom Traditions (SBEC 42), Lewiston et al. 2000

Léon-Dufour, Xavier; Jugement de l’homme et jugement de Dieu. 1 Co 4,1-5 dans le cadre de 3,18-4,5, in: L. de Lorenzi [ed.], Paolo a Una Chiesa Divisa (1 Cor 1-4), Roma 1980, 137-153

Radl, Walter; Ankunft des Herrn. Zur Bedeutung und Funktion der Parusieaussagen bei Paulus (BET 15), Frankfurt a. M. 1981

Theißen Gerd, Psychologische Aspekte paulinischer Theologie (FRLANT 131), Göttingen 1983

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