Auslegung und Bibliographie zur Bibel


Zweiter Thessalonicherbrief

Der zweite Brief des Paulus an die Thessalonicher

2 Thess 3,17-18

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Jede Seite enthält eine Übersetzung des jeweiligen Bibeltextes, sowie Beobachtungen (Vorbereitung der Auslegung), Hinweise zu weiterführender Literatur und eine abschließende Literaturübersicht.

2 Thess 3,17-18



Übersetzung


2 Thess 3,17-18 : 17 Der Gruß ist von meiner, des Paulus, Hand. Das ist ein Zeichen in jedem Brief: So schreibe ich. 18 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch allen!



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V. 17


Beobachtungen: Der Verfasser (oder: die Verfasser) betont, dass „der Gruß“ von seiner Hand ist. Er ist also handgeschrieben, was insofern eine Besonderheit ist, als es in der Antike üblich war, Briefe einem Schreiber zu diktieren. Der Verfasser gibt als seinen Namen „Paulus“ an. Das kann man so deuten, dass Paulus tatsächlich den Brief verfasst hat. Da in 1,1 auch noch Silvanus und Timotheus als Verfasser genannt werden, wäre Paulus der Hauptverfasser und Silvanus und Timotheus wären die beiden Mitverfasser. „Paulus“ kann aber auch ein falscher Name (= Pseudonym) sein. Die Nennung des Paulus als angeblicher Verfasser des Briefes würde dann wohl der Legitimation und der Einordnung der Inhalte des Briefes als paulinisch dienen.

Doch welchen Umfang hat „der Gruß“? Der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess hat bisher nicht selbst gegrüßt. Dass er seinen gesamten Brief als Gruß verstehen sollte, ist eher unwahrscheinlich, weil die Grüße der antiken Form entsprechend einen eigenen Abschnitt im Schlussteil des Briefes bilden. Im 2 Thess fehlen die sonst für Paulus ansonsten so typischen Grüße an einzelne Personen, die die intensive missionarische Arbeit mit den vielen menschlichen Kontakten widerspiegeln. Der Gruß V. 17 ist allgemein und wirkt formal. Er wirkt eher wie eine Beglaubigung von Ermahnungen und Anordnungen als wie ein persönlicher Gruß. Aufgrund des Fehlens weiterer Grüße dürfte sich „der Gruß“ einzig und allein auf V. 17 beziehen. Dann wäre also nur V. 17 von dem sich als „Paulus“ bezeichnenden (Haupt-)Verfasser des 2 Thess eigenhändig geschrieben, der Rest einem Schreiber diktiert. V. 16 und V. 18 sind keine Grüße im eigentlichen Sinn.


Das Relativpronomen „ho“ („das“) ist ein Neutrum und kann sich folglich nicht auf das maskuline Substantiv „aspasmos“ („Gruß“) beziehen. Als „Zeichen“ könnte theoretisch auch eine Art Unterschrift oder ein möglichst fälschungssicheres Monogramm bezeichnet werden. Eine solche bzw. ein solches findet jedoch keine Erwähnung. Mit dem Zeichen ist also nicht der Gruß gemeint und auch nicht eine Unterschrift oder ein Monogramm, sondern „Der Gruß ist von meiner, des Paulus, Hand“. Das Zeichen ist sozusagen die Gewähr, dass Paulus den Brief verfasst hat. Diese Gewähr wird mit den Worten „So schreibe ich“ ausgedrückt. Dabei stellt sich die Frage, wie das Adverb „so“ („houtôs“) zu verstehen ist. Zunächst einmal liegt nahe, es im Sinne von „auf diese Weise“ zu verstehen. Ausgesagt wäre, dass der Inhalt, der Stil und der Wortschatz des 2 Thess für Paulus typisch sind. Briefe, deren Inhalt, Stil oder Wortschatz vom 2 Thess erheblich abweichen, wären demnach nicht von Paulus geschrieben. Zu diesen nichtpaulinischen Briefen könnte man den Ersten Thessalonicherbrief zählen. Dazu würde die Annahme passen, dass der 2 Thess die Naherwartung des 1 Thess kritisiere und diesen möglicherweise sogar ersetzen wolle. Allerdings weichen auch andere gemeinhin für echt gehaltene Paulusbriefe hinsichtlich Inhalt, Stil und Wortschatz in einem Maße vom 2 Thess ab, dass man sie als nichtpaulinisch ansehen könnte. Dann wäre der 2 Thess tatsächlich von Paulus geschrieben, der 1 Thess und andere gemeinhin für Paulusbriefe gehaltene Schreiben wären dagegen Pseudepigraphen, also Schreiben, die zwar im Namen des Paulus verfasst worden sind, aber tatsächlich von einem anderen Verfasser (oder: anderen Verfassern) stammen. Das ist zwar möglich, jedoch würde sich dann der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess erkühnen, zahlreiche in den - teils von Paulus gegründeten - Gemeinden vermutlich hochgeschätzte und für echte Paulusbriefe gehaltene Schreiben als Pseudepigraphen abzutun. Diese Kühnheit ist nicht wahrscheinlich. Bezieht sich „So schreibe ich“ vielleicht nur auf den Inhalt, Stil und Wortschatz des Grußes V. 17? Das ist nicht wahrscheinlicher, denn weder der Inhalt von V. 17 noch der Stil und Wortschatz von V. 17 sind typisch paulinisch. So taucht das Wort „aspasmos“ („Gruß“) in den gemeinhin für echt gehaltenen Briefen nur in 1 Kor 16,21 auf, wo sich mit der Formulierung „Der Gruß ist von meiner, des Paulus, Hand“ eine sprachliche und inhaltliche Parallele findet. Diese Formulierung findet sich auch in Kol 4,18, wobei der Kolosserbrief vermutlich nicht von Paulus stammt. Ob und inwieweit der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess den Kolosserbrief kannte, ist jedoch fraglich. Und wenn das der Fall gewesen ist, bleibt offen, ob er ihn für einen echten Paulusbrief gehalten hat. Da auch die Verbindung des „Grußes“ mit dem Gedanken des „Zeichens“ eine Eigenheit des 2 Thess ist, können wir festhalten, dass sich „So schreibe ich“ vermutlich nicht auf den Inhalt, Stil und Wortschatz bezieht, und zwar weder auf den Inhalt, Stil und Wortschatz des 2 Thess noch auf den Inhalt, Stil und Wortschatz des Grußes V. 17. Bleibt als weitere Möglichkeit, dass sich „So schreibe ich“ auf das Schriftbild des Grußes bezieht. Dieses Schriftbild wäre dann als von Paulus stammend zu erkennen. Ein Wechsel der Schrift ist in antiken Schriftstücken keineswegs ungewöhnlich und findet sich insbesondere bei Nachträgen. Er ist allerdings nur für denjenigen zu erkennen, der den Brief liest. Nun ist davon auszugehen, dass die Briefe des Paulus in der jeweiligen Empfängergemeinde vorgelesen wurden. Somit hätte nur die vorlesende Person einen Wechsel der Schrift gesehen, nicht aber die Zuhörenden. Mittels des Hinweises „Der Gruß ist von meiner, des Paulus, Hand“ bekämen die Zuhörenden eine Information über etwas, was sie nicht sehen können. Ungewöhnlich ist, dass über diese Information hinausgehend betont wird, dass es sich bei der Eigenhändigkeit um ein „Zeichen“ der Authentizität des Schriftstückes handele. Solch eine Betonung findet sich in der Parallele des Galaterbriefes nicht. Dort heißt es in 6,11: „Seht, mit wie großen Buchstaben ich euch eigenhändig geschrieben habe!“ Der Hinweis auf die großen Buchstaben betont wahrscheinlich die Wichtigkeit des Geschriebenen, der Hinweis auf die Eigenhändigkeit die Authentizität. Von einem „Zeichen“ ist im Galaterbrief in diesem Zusammenhang aber nicht die Rede. Bleibt zur Formulierung „So schreibe ich“ abschließend zu sagen: Wenn sie sich auf das Schriftbild bezieht und das Schriftbild zu erkennen gibt, dass Paulus tatsächlich der Verfasser des Briefes ist, dann kann man „So schreibe ich“ auch im Sinne „Es ist tatsächlich so, dass ich, Paulus, derjenige bin, der diesen Brief schreibt“ verstehen.

Auffällig ist, dass die Authentizität sprachlich überladen beteuert wird. Gleich viermal lässt Paulus (oder: „Paulus“) mehr oder weniger betont erkennen, dass er selbst den Brief geschrieben hat: „Der Gruß ist von meiner (1.), des Paulus (2.), Hand. Das ist ein Zeichen in jedem Brief (3.): So schreibe ich (4.)“. Diese überladene Beteuerung soll das Vertrauen in die Echtheit stärken, jedoch ist die Wirkung bei einem kritischen Blick auf den Zweiten Thessalonicherbrief im Allgemeinen und V. 17 im Speziellen genau entgegengesetzt: Es werden die Zweifel daran genährt, dass der 2 Thess tatsächlich von Paulus stammt. Paulus hatte einen engen Kontakt zu den von ihm gegründeten Gemeinden. So konnte er beispielsweise den Ersten Thessalonicherbrief schreiben, ohne seine Verfasserschaft zu betonen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Paulus in ihm einige Zeilen eigenhändig geschrieben hat. Weil kein originaler Paulusbrief erhalten ist, lässt sich das nicht belegen. Wir wissen nur, dass in den frühen Abschriften des 1 Thess kein ausdrücklicher Hinweis auf eigenhändige Schrift enthalten ist. Zur Beglaubigung der Verfasserschaft reichte Paulus im Falle des 1 Thess die Absenderangabe, in der er (ebenso wie in 2 Thess) namentlich genannt ist. Die echten Paulusbriefe haben gewöhnlich einen persönlichen Charakter und beziehen sich auf konkrete Probleme in einzelnen Gemeinden. Aus dem Schreibstil und Inhalt geht hervor, dass Paulus Kontakt zu den von ihm gegründeten Gemeinden hielt und über die dortige Lage Bescheid wusste. Und den Adressaten war Paulus persönlich oder vom Hörensagen bekannt. Zweifel an der Echtheit scheinen noch keine besondere Rolle zu spielen. Der 2 Thess wirkt im Gegensatz zum 1 Thess und anderen vermutlich echten Paulusbriefen viel formaler und weniger persönlich und konkret. Dies weist auf geringere persönliche und vielleicht auch räumliche Nähe zu den Adressaten hin. Und die übermäßige Betonung der Authentizität des 2 Thess spiegelt die geringeren persönlichen Bande und vielleicht auch eine spätere Abfassungszeit wieder. Nach dem Tode des Paulus wurde das paulinische theologische Erbe gesichert und fortgeführt. Da drängte sich Streit um die Echtheit von Paulusbriefen und um die wahrhaft paulinische Theologie auf. Wer für sich paulinische Autorität in Anspruch nahm, musste diese schon sehr glaubhaft vermitteln. Dabei ist zu bedenken, dass „echt“ und „paulinisch“ auf zweierlei Weise verstanden werden kann. So ist ein Verständnis möglich, wonach ausgesagt werden soll, dass der Brief tatsächlich von Paulus stammt. Dieses glaubhaft zu machen, dürfte bei einem Brief, der erst nach dem Tode des Paulus auftauchte, schwierig gewesen sein. Leichter glaubhaft zu machen war, dass ein Brief tatsächlich der theologischen Linie des Paulus entsprach – so das zweite Verständnis von „echt“ und „paulinisch“. Welches Verständnis dem 2 Thess zugrunde liegt, ist unklar.


Der Hinweis, dass es sich um ein Zeichen handele, das sich in jedem Brief finde, verwundert. Von Eigenhändigkeit ist nämlich in längst nicht jedem paulinischen Brief die Rede, sondern nur im Ersten Korintherbrief (16,21), Galaterbrief (6,11) und Philemonbrief (19). Im Kolosserbrief (4,18) findet sich dieselbe Formulierung wie in 1 Kor 16,21. Da der Kolosserbrief wohl nicht von Paulus verfasst wurde, können wir davon ausgehen, dass die Formulierung Kol 4,18 von 1 Kor 16,21 übernommen ist. Sollte der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess alle anderen Paulusbriefe für unecht halten, weil sich in ihnen keine Beglaubigung der Echtheit mittels eigenhändiger Schrift findet? Dann wären von ihm auch Briefe für unecht gehalten worden, die sich in den Gemeinden hoher Wertschätzung erfreuten und an deren Echtheit nicht gezweifelt wurde. Oder sollte er nur die genannten Briefe kennen? Das ist unwahrscheinlich, weil sich viele sprachliche und inhaltliche Übereinstimmungen mit dem Ersten Thessalonicherbrief finden. Oder sind (auch) Briefe im Blick, die uns heute nicht mehr (vgl. 1 Kor 5,9; Kol 4,16) oder nur noch in Bruchstücken (der Zweite Korintherbrief könnte aus verschiedenen Briefen zusammengesetzt sein) erhalten sind? Auch das ist nicht wahrscheinlich, weil Paulus alle seine Briefe gekannt haben muss. Auch „Paulus“ kann diese Briefe gekannt haben, jedoch sind sie schon früh (als Ganzes) verloren gegangen und werden ihm wohl nicht präsenter gewesen sein als die Briefe, die – zumindest in Teilen – erhalten geblieben sind. Am wahrscheinlichsten ist die Annahme, dass Paulus (oder: „Paulus“) sagen will, dass in jedem Paulusbrief Eigenhändigkeit die Echtheit des Briefes belegt, ohne dass auf die Eigenhändigkeit stets hingewiesen werden müsste. So könnte beispielsweise im Ersten Thessalonicherbrief „Ich beschwöre euch bei dem Herrn, dass ihr den Brief lesen lasst vor allen Geschwistern“ (5,27) eigenhändig geschrieben sein. Zum einen benutzt Paulus hier die Ich-Form, die sich auch in 2 Thess 3,17 findet, zum anderen entspricht die Stellung der Aussage der Beglaubigung der Echtheit 2 Thess 3,17 zwischen Gruß und Gnadenwunsch.


Wenn es sich bei dem 2 Thess um ein pseudepigraphisches Schreiben handelt, was wahrscheinlich ist, stellt sich aber die Frage, wie eigenhändige Schrift die Echtheit belegen kann. Es ist nicht anzunehmen, dass „Paulus“ genau die gleiche Schrift wie Paulus hatte. So brauchten die Adressaten nur den 2 Thess mit einem für echt gehaltenen Paulusbrief zu vergleichen, um festzustellen, dass sich die eigenhändige Schrift unterschied. Und dann wäre das Gegenteil von dem erreicht worden, was „Paulus“ erreichen wollte: Die Echtheit des 2 Thess wäre widerlegt gewesen. Entweder musste „Paulus“ also dafür sorgen, dass seine Schrift derjenigen des Paulus entsprach. Dies konnte dadurch erfolgen, dass er anhand eines ihm vorliegenden originalen Paulusbriefes die Schrift des Paulus nachahmte. Dafür musste er aber Zugang zu einem originalen Paulusbrief haben. Oder er wollte gar nicht den Anschein erwecken, dass der 2 Thess tatsächlich von Paulus geschrieben worden ist. Die Eigenhändigkeit als solche hätte – wenn vielleicht auch nicht allen - paulinischen Briefen entsprochen. Und damit wäre nicht nur belegt, dass der 2 Thess im paulinischen Geiste und mit paulinischer Autorität geschrieben ist, sondern der paulinische Geist und die paulinische Autorität wären den Adressaten auch vergegenwärtigt worden. Damit wäre dem weitgehend formalen und – auch im Hinblick auf den Gruß - unpersönlichen 2 Thess auch ein persönlicherer Charakter gegeben. Und mit dem Fortschreiten der Zeit, mit dem Verblassen der Erinnerung an Paulus und mit der Verbreitung von Abschriften der Paulusbriefe anstelle des Lesens der Originalbriefe konnte der 2 Thess wie ein tatsächlich von Paulus verfasster Brief erscheinen. Wenn der 2 Thess erst Jahrzehnte nach dem Tod des Paulus verfasst worden ist und die Originalbriefe nicht mehr so einfach zur Hand oder gar schon verloren waren, kann „Paulus“ zur Fiktion der Eigenhändigkeit als Zeichen für die Echtheit eines Paulusbriefes gegriffen haben. Da die Eigenhändigkeit in einigen paulinischen Briefen ausdrücklich erwähnt wird und in den anderen ebenfalls möglich ist, konnte die Fiktion überzeugend wirken. Eine Überprüfung, ob sich tatsächlich in allen Paulusbriefen eigenhändige Schrift findet, wäre nur noch mühsam oder gar nicht möglich gewesen oder für nicht nötig gehalten worden.


Weiterführende Literatur: Den Abschluss des antiken Briefs bildete laut F. Schnider, W. Stenger 1987, 131-132.158-167 das sogenannte Eschatokoll. Es habe meist aus dem Datum und einem Schlussgruß bestanden. Der Schlussgruß habe "Lebe wohl" gelautet. Manchmal habe dieser jedoch auch gefehlt oder sei zu einem kurzen Satz erweitert worden. Paulus habe ihn in einen Segenswunsch verändert. Meist sei der Schlussgruß durch einen Absatz vom übrigen Brief getrennt gewesen. Manche antiken Briefe - so auch Gal 6,11; 1 Kor 16,21; 2 Thess 3,17; Kol 4,18 - ließen hier einen Wechsel der Handschrift erkennen. D. h., hier habe der Verfasser den Schreiber, dem er den Brief diktierte, abgelöst und den Gruß in eigener Hand geschrieben. So habe man den Brief als von ihm stammend erkannt. Das Eschatokoll sei mithin ein Authentizitätssignal. Dass Paulus im Eschatokoll von 1 Kor 16,21-24 seinen Namen erwähnt, sei für die antike Epistolographie höchst ungewöhnlich. Die Namensunterschrift fehle in den Eschatokollen antiker Briefe. Erstaunlich sei, dass in gleicher Formulierung die Namensunterschrift auch in Kol 4,18 und 2 Thess 3,17 begegnet. Paulus habe mit der Eigenhändigkeit seine brieflich vermittelte Anwesenheit intensivieren wollen. Die Autoren der pseudonymen Paulusbriefe hätten mit der Brieffiktion den Apostel für die nachapostolische Kirche ebenfalls gegenwärtig machen und mit der Fiktion von Eigenhändigkeitsvermerk und apostolischer Namensunterschrift der Intensivierung dieser Gegenwärtigkeit des Apostels in der nachapostolischen Kirche dienen wollen. Es gehe in beiden Texten nicht um Authentizitätssimulation, sondern um Ingeltungsetzung des Briefinhalts.


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V. 18


Beobachtungen: 2 Thess 3,18 entspricht 1 Thess 5,28, wobei das Versende von „...sei mit euch!“ zu „...sei mit euch allen!“ erweitert worden ist. Die Gnade Jesu Christi bildet Anfang und Ende des Briefes, ist Inhalt des einleitenden und abschließenden Segenswunsches. Im 2 Thess bezieht sich die Gnade insbesondere auf den "ewigen Trost" und auf die "gute Hoffnung", die Jesus Christus bzw. Gott den Christen gemäß 2,16 nicht wegen ihrer guten Werke und Verdienste, sondern aufgrund seiner Gnade gegeben hat. Die Christen befinden sich als Erwählte in einem Heilsraum, in dem von Jesus Christus bzw. Gott Gnade gewirkt wird. Der Trost der Christen ist, dass ihre gegenwärtige Bedrängnis durch die Nichtchristen ein Ende haben wird. Es handelt sich also um einen Trost, der nicht nur auf die irdische Zeit der Bedrängnis bezogen ist, sondern bis zur Wiederkunft Christi reicht und darüber hinaus kein Ende hat. Die Zeit, in der die Christen bedrängt werden, ist begrenzt, der Trost dagegen ewig. Da mit der Sündenvergebung aufgrund des Kreuzestodes Jesu Christi auch das ewige Leben verbunden ist, dürfte "ewig" - das allerdings nachrangig - auch das ewige Leben einschließen. Die "gute Hoffnung" ist wohl eine Hoffnung, die auf Jesus Christus und dem Glauben an ihn gründet, auf dem Kreuzestod, auf der Sündenvergebung, Auferstehung von den Toten und auf dem ewigen Leben. All dies dürfte auch in 3,18 im Blick sein.

Das hinzugefügte „allen“ zeigt an, dass auch die unordentlichen und arbeitsscheuen sowie die ungehorsamen Gemeindeglieder in den Gnadenwunsch eingeschlossen sind. Sie benötigen der Gnade Jesu Christi, wenn ihre Rückkehr zur Ordnung und Arbeit bzw. zum Gehorsam gelingen soll. Außerdem haben sie im Hinblick auf Sündenvergebung, Auferstehung von den Toten und das ewige Leben die Gnade Jesu Christi besonders nötig.


Zahlreiche Textzeugen schließen V. 18 mit „amên“ („Amen“) ab, was hebräisch ist und „gewiss“ bedeutet. Der Friedenswunsch und der Gnadenwunsch sind demnach nicht nur als ein Wunsch zu verstehen, sondern es wird von der Verwirklichung von Friede und Gnade ausgegangen. Das abschließende „Amen“ dürfte ein späterer Zusatz sein und weist auf einen liturgischen Gebrauch des Textes hin. Ebenfalls späteren Datums sind die verschiedenen Nachträge nach dem Briefschluss.


Weiterführende Literatur:



Literaturübersicht


Schnider, Franz; Stenger, Werner; Studien zum neutestamentlichen Briefformular (NTTS 11), 1987

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