Auslegung und Bibliographie zur Bibel


Zweiter Timotheusbrief

Zweiter Brief des Paulus an Timotheus

2

Tim 4,19-22

Studieren Sie die Bibel! Hier finden Sie einen Einstieg in die wissenschaftliche Auslegung von Bibeltexten mit Literaturangaben.

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Jede Seite enthält eine Übersetzung des jeweiligen Bibeltextes, sowie Beobachtungen (Vorbereitung der Auslegung), Hinweise zu weiterführender Literatur und eine abschließende Literaturübersicht.

2 Tim 4,19-22



Übersetzung


2 Tim 4,19-22 : 19 Grüße Prisca und Aquila und das Haus des Onesiphorus. 20 Erastus blieb in Korinth, Trophimus musste ich krank in Milet zurücklassen. 21 Bemühe dich, noch vor dem Winter zu kommen! Es grüßen dich Eubulus, (und) Pudens, (und) Linus, (und) Claudia und alle Geschwister. 22 Der Herr sei mit deinem Geist! Die Gnade sei mit euch!



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V. 19


Beobachtungen: Nachdem „Timotheus“ von „Paulus“ als Garant des rechten Glaubens dargestellt worden ist (2 Tim 3,10-4,8), endet der Hauptteil und es beginnt der Briefschluss. Dieser gliedert sich in letzte Anweisungen an „Timotheus“ (4,9-15), persönliche Mitteilungen (4,16-18) Grüße (4,19-21) und Segenswünsche (4,22). Der Briefschluss ist sehr persönlich gehalten, so dass man annehmen könnte, der 2 Tim sei von dem Apostel Paulus verfasst. Angesichts verschiedener Ungereimtheiten lässt sich der persönliche Stil aber als Versuch ausmachen, den 2 Tim als echten Paulusbrief erscheinen zu lassen, der er wahrscheinlich aber nicht ist.


„Paulus“ grüßt Prisca und Aquila, ohne weitere Informationen über die beiden zu geben. Prisca und Aquila werden zusammen auch in 1 Kor 16,19; Röm 16,3; Apg 18.2.18.26 genannt, was darauf hinweist, dass es sich jeweils um dieselben Personen handelt. Dass sich in der Apg der Name Priscilla statt Prisca findet, stellt dies nicht infrage. Bei Aquila handelt es sich um einen aus der im Norden der heutigen Türkei gelegenen römischen Provinz Pontus stammenden Juden. Gemäß Apg 18,2 war er - wie auch alle anderen Juden - unter dem Kaiser Claudius aus Rom verbannt worden und hatte sich mit seiner Frau Prisca, über deren Herkunft nichts bekannt ist, in Korinth niedergelassen. Dort nahmen die beiden Paulus auf, der sich auf seiner Missionsreise das erste Mal in Korinth befand. Alle drei arbeiteten gemeinsam als Zeltmacher (vgl. Apg 18,3). Vermutlich hielt sich Paulus ein Jahr und sechs Monate in Korinth auf (vgl. Apg 18,11). Dann machte sich Paulus zusammen mit Prisca und Aquila auf nach Antiochia am Orontes und kam dabei nach Ephesus, wo er die beiden aus einem unbekannten Grund ließ. In Ephesus verfasste Paulus den ersten Brief an die Korinther. Dass in ihm Prisca und Aquila samt der Gemeinde in ihrem Haus grüßen (vgl. 1 Kor 16,19), zeigt, dass beide spätestens zu diesem Zeitpunkt Christen und in das kirchliche Leben eingebunden waren. Prisca und Aquila erscheinen schließlich auch noch als zu Grüßende im Römerbrief (vgl. Röm 16,3-4), wo sie Paulus als seine „Mitarbeiter in Christus Jesus, die für mein Leben ihren Kopf hingehalten haben“ bezeichnet. Der Römerbrief dürfte nach dem Ersten Korintherbrief verfasst worden sein. Prisca und Aquila sind folglich vorübergehend oder dauerhaft an ihren früheren Wohnort zurückgekehrt. Die Rückkehr mag durch das Erlöschen des Ausweisungsedikts mit dem Tod des Claudius im Jahre 54 n. Chr. ermöglicht worden sein. Angesichts dieser engen Beziehung zwischen Paulus, Prisca und Aquila verwundert es nicht, dass „Paulus“ an „Prisca“ und „Aquila“ Grüße ausrichten lässt. Das passt insofern gut, als der 2 Tim vorauszusetzen scheint, dass sich Paulus in Rom und Prisca und Aquila in Ephesus befinden. So suggeriert der 2 Tim, dass er nach dem 1 Kor und Röm von Paulus höchstpersönlich unmittelbar vor dem Ende seines Lebens in Rom abgefasst worden ist und Prisca und Aquila ein letztes Mal gegrüßt werden. Dass dies nicht den Tatsachen entspricht, kann man aber schon anhand der Tatsache spüren, dass der Gruß ohne jeden Zusatz doch recht nüchtern daher kommt. Gerade im letzten Brief wäre zu erwarten, dass Paulus nochmal seine Verbundenheit mit Prisca und Aquila deutlich zum Ausdruck bringt. Ebenfalls wäre zu erwarten, dass Prisca und Aquila bei Paulus in Rom sind. „Paulus“ konnte aber nicht von einem Aufenthalt von Prisca und Aquila in Rom ausgehen, weil sie Paulus als enge Mitarbeiter in der Not hätten beistehen müssen, was die Fiktion des vereinsamten Paulus zerstört hätte. Folglich verortet er sie in Ephesus, was bezüglich der Echtheit des 2 Tim kaum Argwohn erregt, weil sie ja durchaus wieder dorthin zurückgekehrt sein können. Vielleicht hatte „Paulus“ auch tatsächlich eine Information über die Rückkehr der beiden vorliegen. Dass „Paulus“ den Röm nicht kannte und nichts von einem Aufenthalt Priscas und Aquilas in Rom wusste, ist angesichts verschiedener Anklänge des 2 Tim an den Röm nicht anzunehmen.


Mit dem „Haus“ ist hier nicht ein Gebäude gemeint, sondern eine Wohn- und Lebensgemeinschaft. Dieser gehören nicht nur die Familienangehörigen des Familienoberhauptes an, sondern auch die Sklaven.

Gemäß 2 Tim 1,16-17 hat das Haus des Onesiphorus - oder vielleicht Onesiphorus allein - Paulus bzw. „Paulus“ oft erquickt und sich seiner Ketten nicht geschämt. Im Gegenteil: Als es bzw. er nach Rom gekommen war, suchte es bzw. er ihn eifrig und fand ihn auch. Dabei ist unklar, was genau wir unter „erquicken“ zu verstehen haben und wo das Erquicken stattgefunden hat. Eine weitere Frage ist, ob Onesiphorus noch lebt oder bereits verstorben ist. Dass vom „Haus des Onesiphorus“ und nicht von „Onesiphorus und seinem Haus“ die Rede ist, mag darauf hinweisen, dass er bereits verstorben ist. Er wäre dann in der Formulierung „‘Haus’ des Onesiphorus“ nicht eingeschlossen. Gemeint wären nur seine Familie und die der Hausgemeinschaft zugehörigen Sklaven. Möglich ist aber auch die Deutung, dass das „Haus“ des Onesiphorus das Familienoberhaupt Onesiphorus unterstützt hat und daher genannt wird. „Haus des Onesiphorus“ wäre dann gleichbedeutend mit „Onesiphorus und sein Haus“.


Weiterführende Literatur: In 2 Tim 4,6-22 herrsche gemäß M. Bligh 1998, 364-369 Durcheinander. Dieses lasse sich damit erklären, dass es sich um eine nicht korrigierte Version einer Notiz des Paulus für Timotheus handele.


Als eine durchaus bedeutende Mitarbeiterin des Apostels Paulus sieht Y.-M. Lee 2006, 249-256 Prisca an. Die Nennung ihres Namens vor demjenigen ihres Ehemannes in Apg 18,18.26; Röm 16,3; 2 Tim 4,19 weise auf die Anerkennung ihrer Mitarbeit hin, da es nicht üblich gewesen sei, die Frau zuerst zu nennen. Dabei ließen sich die beiden Ausnahmen aus dem jeweiligen Kontext verständlich machen: So würden in Apg 18,2 die beiden zum ersten Mal erwähnt und vorgestellt. Hinsichtlich 1 Kor 16,19 könnte der Grund dagegen in der besonderen Situation der korinthischen Gemeinde liegen (vgl. z. B. 1 Kor 14,33-36).


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V. 20


Beobachtungen: Ein Mann namens Erastus wird auch im Römerbrief (16,23) und in der Apostelgeschichte (19,22) erwähnt. Fraglich ist, ob der in 2 Tim 4,20 erwähnte Erastus mit dem Erastus dieser beiden Verse identisch ist. Gemäß Apg 19,22 diente Erastus zusammen mit Timotheus dem Paulus. Demnach hätten sich Timotheus und Erastus gekannt und möglicherweise auch eine gute Beziehung zueinander aufgebaut. Auch in Röm 16,21-23 werden Erastus und Timotheus zusammen erwähnt, und zwar als Grüßende. Auch dies mag darauf hinweisen, dass Erastus und Timotheus in einer engeren Beziehung zueinander stehen. Allerdings kann das zweimalige Auftauchen des gleichen Namens an gleicher Stelle auch reiner Zufall sein. Für einen Zufall spricht, dass der in Röm 16,23 erwähnte Erastus ein Stadtkämmerer war. Als solcher dürfte er ortsgebunden gewesen sein und kaum die Möglichkeit gehabt haben, sich für das Evangelium nach Makedonien (vgl. Apg 19,22) und Korinth in Achaia (vgl. 2 Tim 4,20) auf eine Reise zu begeben, die längere Abwesenheit von seinem Amt mit sich brachte. Wenn man davon ausgeht, dass der Römerbrief in Korinth verfasst wurde, dann ergibt sich im Hinblick auf Erastus, dass dieser sein Amt wohl in Korinth ausübte. Dann stellt sich jedoch die Frage, warum er sich gemäß Apg 19,22 in Ephesus oder Umgebung aufhielt. Auch der in 2 Tim 4,20 genannte Erastus wird mit Korinth verbunden, denn von ihm heißt es, dass er in Korinth blieb. Bezüglich des 2 Tim ist zu bedenken, dass dieser vermutlich nicht von Paulus stammt, sondern von einem späteren Verfasser. Es ist also anzunehmen, dass dieser Brief mit Blick auf die schon vorliegenden paulinischen Briefe und vielleicht auch auf die Apostelgeschichte geschrieben wurde und der Eindruck vermittelt werden sollte, dass Paulus als herausragende Autorität tatsächlich den Brief verfasst hat. Damit ist wahrscheinlich, dass der Verfasser des 2 Tim den Erastus nur wegen seiner Beziehung zu Timotheus erwähnt, aber nicht weiter am Tun und Reiseweg des Erastus interessiert ist. Insofern ist es auch müßig, das Tun und den genauen Reiseweg des Erastus zu rekonstruieren. Möglich ist auch, dass der Verfasser des 2 Tim gar nicht den von Paulus bzw. vom Verfasser der Apg erwähnten Erastus im Blick gehabt hat, sondern einen anderen.


Auch bei Trophimus stellt sich die Frage, warum er hier genannt wird. Gemäß Apg 21,29 stammt er aus Ephesus, also aus dem Ort, an dem sich Timotheus bzw. „Timotheus“ vermutlich gerade aufhält (vgl. 2 Tim 1,18 und auch 1 Tim 1,3). Gemäß Apg 20,4 stammt er aus der Provinz Asien (Asia), was insofern passt, als Ephesus die Hauptstadt der Provinz Asien ist. Trophimus begleitete Paulus auf seiner Reise nach Jerusalem, wo er die Kollekte übergeben wollte. In Apg 20,4 wird Trophimus zusammen mit Timotheus als Reisebegleiter genannt. Trophimus und Timotheus haben also eine persönliche und geografische Beziehung zueinander. Gemäß dem Bericht der Apostelgeschichte ist Trophimus allerdings mit Paulus bis nach Jerusalem gereist, was nicht zur Angabe in 2 Tim 4,20 passt, wonach Paulus Trophimus krank in Milet – etwa 50 Kilometer südlich von Ephesus gelegen -zurücklassen musste. Wie ist diese Ungereimtheit zu erklären? Hat sich der Verfasser des 2 Tim im Gegensatz zum Verfasser der Apg an die historischen Tatsachen gehalten? Oder stützt er sich auf eine überlieferte, aber nicht historisch korrekte Information? Oder spricht der Verfasser des 2 Tim von einer anderen Reise als der nach Jerusalem? Oder entspringt die Darstellung des 2 Tim literarischer Freiheit? Wenn Letzteres der Fall ist: Welche literarische Absicht steckt dahinter? Soll Timotheus Trophimus besuchen? Dagegen spricht die gemäß 2 Tim 4,9.21 geforderte Eile, mit der Timotheus bzw. „Timotheus“ zu Paulus bzw. „Paulus“ nach Rom (?) kommen soll. Oder soll Timotheus bzw. „Timotheus“ an Trophimus denken und für ihn beten? Das hätte der Verfasser des 2 Tim sicherlich geschrieben. Vielleicht soll die Notiz einfach nur dazu beitragen, den 2 Tim als echten Paulusbrief erscheinen zu lassen. Dann würde nahe gelegt: Wenn der Verfasser des 2 Tim so genau über den Reisebegleiter des Paulus Bescheid weiß, dann kann er nur Paulus höchstpersönlich sein. Und schließlich bleibt auch noch die Möglichkeit, dass der in 2 Tim 4,20 genannte Trophimus nicht mit dem in Apg 20,4; 21,29 genannten identisch ist.


Weiterführende Literatur:


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V. 21


Beobachtungen: „Paulus“ schreibt nicht, warum sich Timotheus bzw. „Timotheus“ bemühen soll, noch vor dem Winter zu Paulus bzw. zu ihm zu kommen. Gibt es vor dem Winter einen Termin, bei dem Timotheus bzw. „Timotheus“ zugegen sein soll? Oder ist im Blick, dass der Winter eine ungünstige Reisezeit ist? Bei eingeschränkter Seefahrt könnte Timotheus bzw. „Timotheus“ erst nach dem Winter zu Paulus aufbrechen. Allerdings kann es auch sein, dass Timotheus bzw. „Timotheus“ über Troas (vgl. 2 Tim 4,13) und dann Makedonien den Landweg nimmt und dann nur das letzte Stück mit dem Schiff über das Adriatische Meer oder Ionische Meer nach Rom (?) zurücklegt. Aber auch das dürfte im Winter schwierig sein.


Eubulus, Pudens, Linus und Claudia tauchen im NT nur hier auf. Da sich keine Informationen zu ihnen finden, können wir nichts zu ihnen sagen. Somit ist auch unklar, ob es sich um Mitarbeiter des Paulus bzw. „Paulus“ handelt. Die lateinischen Namen passen zu Rom, auch wenn Rom eine multikulturelle Stadt war.. Dass „Paulus“ gleich vier Grüßende nennt, erstaunt insofern, als es in 4,11 noch geheißen hatte, dass nur Lukas bei Paulus bzw. „Paulus“ sei. Eubulus, Pudens, Linus und Claudia grüßen demnach, obwohl sie nicht bei Paulus bzw. „Paulus“ sind. Da stellt sich die Frage: Warum stehen sie ihm nicht bei? Und warum merkt dies Paulus bzw. „Paulus“ nicht negativ an? Diese offensichtliche Ungereimtheit lässt sich auflösen, wenn wir davon ausgehen, dass „Paulus“, der Verfasser des 2 Tim, zwei Ziele verfolgt: Erstens will er zeigen, dass Christusnachfolge mit Verfolgung und Leid verbunden ist. Verfolgung und Leid wollen viele Menschen aber nicht für ihren Glauben in Kauf nehmen und sind deswegen nicht zur Stelle, wenn es drauf ankommt. Zweitens will er den 2 Tim als echten Paulusbrief erscheinen lassen. Daher orientiert er sich an den echten Paulusbriefen (vgl. 1 Kor 16,19-20; Röm 16,21-23 u. a.) und zählt Personen auf, die Grüße ausrichten, obwohl dies nicht mit der Darstellung des vereinsamten Paulus in Einklang zu bringen ist. Ob die genannten Personen tatsächlich zum persönlichen Umfeld des Paulus bzw. „Paulus“ gehören oder fiktive Gestalten sind, ist unklar.


„Geschwister“ meint hier nicht leibliche Geschwister, sondern Glaubensgeschwister, nämlich Christinnen und Christen. Bei dem Substantiv „adelphoi“ handelt es sich zwar um eine maskuline Form, die zunächst mit „Brüder“ zu übersetzen ist, jedoch sind hier vermutlich auch die „Schwestern“ eingeschlossen. Dass diese unkenntlich bleiben, liegt an der männerzentrierten Sprache, die gemischtgeschlechtliche Gruppen als reine Männergruppen erscheinen lässt.


Weiterführende Literatur:


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V. 22


Beobachtungen: „Paulus“ schließt seinen Brief mit zwei Segenswünschen ab. Der erste Segenswunsch ist ungewöhnlich und findet sich in nahezu gleicher Form („Der Herr sei/ist mit dir“) im NT nur in Lk 1,28. Aus 2 Tim 4,1 geht hervor, dass Jesus Christus „der Herr“, der gerechte Richter, ist. Diese Klarheit ist insofern bemerkenswert, dass im 2 Tim ansonsten unklar bleibt, wer der „Herr“ (ohne bestimmten Artikel) und wer „der Herr“ (mit bestimmtem Artikel) ist. Aus einer Zusammenschau verschiedener Verse lässt sich zwar erkennen, dass wahrscheinlich Gott der „Herr“ ist und Jesus Christus „der Herr“, bei „Herr“ scheint aber zugleich Jesus Christus anzuklingen und bei „der Herr“ Gott. Sogar ein wechselnder Gebrauch ist nicht ausgeschlossen. 4,9 setzt der Unklarheit ein Ende. Folglich ist auch in 4,22 der gerechte Richter Jesus Christus „der Herr“. Das verdeutlichen zwei Varianten, indem sie „Jesus“ bzw. „Jesus Christus“ ergänzen

Fraglich ist, ob mit dem „Geist“ („pneuma“) der heilige Geist gemeint ist, der den Adressaten innewohnt, oder der Lebensgeist des jeweiligen Individuums. In letzterem Fall wäre stärker als bei der Formulierung „…sei mit dir“ die Lebendigkeit des Adressaten betont, wobei nicht weiter präzisiert wäre, was diese Lebendigkeit ausmacht. Im NT kann der „Geist“ den ganzen Menschen bezeichnen, aber es können auch in erster Linie geistige oder geistliche Aspekte gemeint sein.


Der zweite Segenswunsch bringt das zur Sprache, was das christliche Leben prägt: die Gnade. Die Gnade soll mit „Timotheus“ und weiteren Personen sein, wobei wohl die Gnade „des Herrn“, also Jesu Christi, gemeint ist. Die Herausstellung der Gnade des „Herrn“ Jesus am Ende des Briefes ist typisch christlich; im gewöhnlichen hellenistischen Privatbrief findet sich nur die Formulierung „Lebe(t) wohl!“.


Der Plural „euch“ fällt angesichts der Tatsache, dass der 2 Tim nur an „Timotheus“ gerichtet ist (vgl. 1,2) und es zuvor daher „mit deinem Geist“ hieß, auf. Er ist auch schon damals aufgefallen, wie die Korrektur zu „dir“ seitens einer Variante beweist. Warum der Wechsel zum Plural? Die erste Möglichkeit ist, dass „Paulus“ seinen Brief nicht als reinen Privatbrief verstanden wissen will. Der Inhalt betrifft ja nicht nur einen Menschen namens „Timotheus“, sondern mindestens auch alle Menschen, die er repräsentiert, nämlich die kirchlichen Amtsträger, speziell Bischöfe. Die zweite Möglichkeit ist, dass auch die Menschen einbezogen sind, die „Paulus“ zuvor als im näheren und weiteren Umfeld des „Timotheus“ befindlich namentlich genannt hat (z. B. Karpus und Trophimus). Die dritte Möglichkeit ist, dass der Plural erkennen lässt, dass der Brief in der Gemeinde vorgelesen wird. Die Gemeindeglieder sind demnach in den zweiten Segenswunsch eingeschlossen. Dass „Paulus“ nicht auch schon im ersten Segenswunsch den Plural verwendet, mag damit zusammenhängen, dass er so lange wie möglich den Brief als an „Timotheus“ gerichtet erscheinen lassen will.

Eine weitere Variante liest „Gnade sei mit uns!“. Sie schließt auch „Paulus“ und vielleicht auch alle anderen Christen sein.


In einer Textvariante findet sich ein abschließendes „amên“. „Amên“ ist dem Hebräischen entlehnt und bedeutet „gewiss“. Das vorher Gesagte ist demnach gewiss wahr oder wird gewiss eintreten.


Weiterführende Literatur:



Literaturübersicht


Bligh, Malcolm; Seventeen Verses Written for Timothy (2 Tim 4:6-22), ET 109/12 (1998), 364-369

Lee, Young-Mi; Ich, Priska, in: M. Keuchen, H. Kuhlmann, H. Schroeter-Wittke [Hrsg.], Die besten Nebenrollen: 50 Porträts biblischer Randfiguren, Leipzig 2006, 249-256

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